Ökologisches Monitoring
Wie steht es um unsere Natur?
Das ökologische Monitoring in Sielmanns Naturlandschaften und Biotopverbünden ist ein wichtiges Instrument, um Naturschutzmaßnahmen besser zu planen und deren Wirkung zu messen.
Zu Anfang wird eine Grundinventarisierung der Artenausstattung vorgenommen, um danach Langzeitbeobachtungen anschließen zu können. So wird eine Bewertung der Entwicklungen und eine Erfolgskontrolle der Maßnahmen möglich. Dieses Konzept stellen wir an dieser Stelle exemplarisch anhand konkreter Aktivitäten aus dem Berichtsjahr 2022 vor.
Die Heidelerche (Lullula arborea) ist die kleinste Lerchenart Deutschlands.
Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) können von März bis Oktober in offenen Lebensräumen beobachtet werden.
Der gefährdete Baumpieper (Anthus trivialis) war früher eine sehr häufige Art in Mitteleuropa.
Der vom Aussterben bedrohte Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) nistet in steinig-felsigem Gelände.
Häufiges Vorkommen seltener Arten
In Sielmanns Naturlandschaften kommen viele Arten noch häufig als Brutvögel vor, die anderswo ausgestorben oder stark gefährdet sind. Dazu gehören vor allem Arten der offenen und halboffenen Landschaft wie Heidelerche und Feldlerche, Schwarzkehlchen, Wendehals, Wiedehopf, Steinschmätzer, Baumpieper, Brachpieper, Neuntöter und Raubwürger.
Der ebenfalls vom Aussterben bedrohte Brachpieper (Anthus campestris) bevorzugt trockene, sandige Flächen.
Brutvögel im Fokus
Seit 2018 wird in Sielmanns Naturlandschaften und auf weiteren stiftungseigenen Flächen ein standardisiertes Monitoring zur Erfassung der häufigsten Brutvögel durchgeführt. Die Heinz Sielmann Stiftung arbeitet dabei mit den Standards des Dachverbands Deutscher Avifaunisten. In den Monaten März bis Juni werden monatliche Kartierungen auf vorher festgelegten, einen Kilometer langen Routen vorgenommen. Die zuständigen Mitarbeitenden der Heinz Sielmann Stiftung und ihre ehrenamtlichen Helfer:innen notieren dabei jeden Vogel, den sie entlang der Route sehen oder hören.
26 Routen
werden mehrmals im Jahr begangen, um die Vogelvielfalt zu erfassen
Eine Mohnbiene (Hoplitis papaveris) beim Verlassen ihres Nestes.
Wildbienen und Wespen erfasst
Im Berichtszeitraum hat in der südlichen Kyritz-Ruppiner Heide eine Untersuchung ausgewählter Gruppen der Haut- und Zweiflügler stattgefunden. Insgesamt wurden 87 Wildbienen- und 88 Stechwespenarten mit 1.696 Individuen nachgewiesen. Dazu kommen noch 18 Arten von Raubfliegen, neun Arten von Blasenkopffliegen und 54 Schwebfliegenarten. Damit ist der südliche Teil der Kyritz-Ruppiner Heide für Bienen, Wespen und die untersuchten Fliegen besonders wertvoll.
Die Bienen profitieren von der Blütendichte der Besenheide und im Bereich des Heideturms von der Blütenvielfalt. Wie auch die Wespen finden sie in der Naturlandschaft ausreichend sonnenexponierte, offene Bodenstellen oder Morsch- und Totholz mit Hohlräumen zur Nestanlage.
87 Wildbienenarten
wurden unter anderem in der südlichen Kyritz-Ruppiner Heide gezählt
6 Fledermausarten
nutzen die alten Bunker auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz als Quartier
In den kühlen Gemäuern alter Militärbunker fühlen sich Fledermäuse wohl, so auch diese Fransenfledermaus (Myotis nattereri).
Auf Stippvisite bei den Fledermäusen
Der ehrenamtliche Fledermausbetreuer Klaus Thiele hat im Berichtsjahr Fledermausquartiere in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide begutachtet.
13 Quartiere wurden aufgesucht, in denen insgesamt 247 Fledermäuse gezählt wurden. Dabei konnten sechs verschiedene Arten nachgewiesen werden: Wasserfledermaus, Fransenfledermaus, Großes Mausohr, Braunes Langohr, Zwergfledermaus und Graues Langohr. Am häufigsten wurde die Wasserfledermaus gezählt (75 Individuen), dicht gefolgt von der Fransenfledermaus (72). Im Vergleich zum Vorjahr neu dazugekommen ist das Graue Langohr (5).
Artenreiche Halbinsel
Der Woppusch ist eine schmale Halbinsel in Sielmanns Naturlandschaft Groß Schauener Seen zwischen Schweriner See und Großem Selchower See. Die Halbinsel ist ökologisch besonders wertvoll, weil sich dort Salzwiesen befinden, die im Binnenland sehr selten sind.
Von Mai bis Juli 2020 untersuchten die Tierökologen Dr. Karl-Hinrich Kielhorn und Dr. Christoph Saure den Woppusch erstmals auf das Vorkommen wirbelloser Tierarten. Im Berichtsjahr 2022 haben sie nun ihren Abschlussbericht vorgelegt. Das Ergebnis: Auf der Halbinsel wurden 19 Schwebfliegenarten entdeckt. Bei den Laufkäfern waren es 98, bei Bienen und Wespen 100 und bei Spinnen 144 Arten.
Die Zahlen unterstreichen die überregionale Bedeutung des Schutzgebiets. Wegen der Kürze des Untersuchungszeitraums bilden sie aber nur einen zufälligen Ausschnitt der tatsächlichen Artenvielfalt ab. Bei zukünftigen Monitorings werden mit Sicherheit weitere Arten entdeckt werden.
Seit 2001 wird die Halbinsel Woppusch von der Heinz Sielmann Stiftung im Sinne des Artenschutzes extensiv gepflegt.
Laufkäfer- und Spinnenmonitoring mit Dr. Karl-Hinrich Kielhorn in der Tangersdorfer Heide.
Inventur der Naturlandschaften
Die Heinz Sielmann Stiftung arbeitet weiter daran, alle Arten, die in den Naturlandschaften vorkommen beziehungsweise schon einmal gefunden wurden, statistisch zu erfassen. Dazu werden aktuelle Monitoringberichte und die Ergebnisse älterer Untersuchungen kontinuierlich zusammengetragen und verglichen.
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen auch bei der Planung weiterer Untersuchungen. In der Döberitzer Heide sind zum Beispiel Schwebfliegen und Wanzen bislang weitgehend unbeachtet geblieben. Eine Untersuchung dieser Artengruppen würde sich also besonders lohnen.
Die Artenzahl in Sielmanns Naturlandschaften setzt sich wie folgt zusammen (Stand Dezember 2022):
Jörg Fürstenow (links) ist für das Ökologische Monitoring in der Döberitzer Heide verantwortlich. Rechts im Bild: Dr. Kolja Bergholz.
Mit 6.252 Arten
sind für die Döberitzer Heide sogar mehr Arten ermittelt worden als für den Müritz-Nationalpark.
Sielmanns Biotopverbünde
Artenvielfalt braucht vernetzte Lebensräume
Die bewährten Monitoring-Methoden aus Sielmanns Naturlandschaften werden seit 2021 systematisch auf die Biotopverbünde übertragen.
Das seltene Fuchsschwanzmoos gedeiht besonders an feuchtschattigen Felskanten und kann dort beeindruckende Wedel bilden.
Kuriose Moose und Pilze nachgewiesen
In Sielmanns Waldbiotop Weißenstein, einem alten Laubwald am Rande der Schwäbischen Alb, wurden im Berichtsjahr weitere Artenerfassungen durchgeführt. Der Untergrund besteht aus Kalkfels, was eine enorme Vielfalt an Pflanzen, Pilzen und Moosen im Gebiet begünstigt hat.
85 Moosarten
konnten bisher nachgewiesen werden.
Darunter Kuriositäten wie das Gurkenmoos, das Fuchsschwanzmoos, das epiphytische Eichhörnchenschwanzmoos oder das Baumkettenmoos.
459 Pilzarten
wurden im Berichtsjahr bei zehn Monitoringgängen festgestellt.
Darunter der Scheinbuchen-Fadenstachelpilz, Boertmanns Stachelschirmling und das Schwefelgelbe Haarbecherchen. Diese Pilzarten sind nur in alten, strukturreichen Wäldern anzufinden, in denen es über einen langen Zeitraum wenig Störungen und viele alte Bäume sowie Totholz gibt. Insofern bestätigt ihr Vorkommen den naturschutzfachlichen Wert des Waldbiotops. Die Fläche liegt an steilen Hängen der Schwäbischen Alb. Weil eine forstwirtschaftliche Nutzung der Fläche zu mühsam wäre, wurde der dort befindliche Buchenmischwald nur extensiv genutzt.
Auf den Flächen in Weißenstein gedeihen verschiedene Pilzarten, die auf solche alten, strukturreichen Wälder angewiesen sind.
Die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) bevorzugt strukturreiche Mischwälder mit ausreichend Totholzbestand als Lebensraum. In der Abenddämmerung jagt sie am Waldrand und entlang anderer Vegetationsübergänge nach Insekten.
Den nachtaktiven Jägern auf der Spur
Im Berichtsjahr wurde im Waldbiotop Weißenstein erstmals ein Fledermausmonitoring durchgeführt. Nachgewiesen wurden zum Beispiel Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) und Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus). Gerade die Bechsteinfledermaus ist typisch für Wälder mit stehendem Totholz. Weitere festgestellte Arten sind Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus), Kleine Bartfledermaus (Myotis mystacinus), Fransenfledermaus (Myotis nattereri) und Abendsegler (Nyctalus sp.).
Trägt seinen Namen zu Recht: Das Grüne Band erstreckt sich von Norden nach Süden entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze.
Artenreichtum am Grünen Band
Die ehemalige innerdeutsche Grenze hat sich nach der Wiedervereinigung zu einem wertvollen Rückzugsgebiet und Wanderkorridor für viele Arten entwickelt: dem Grünen Band. Auch die Heinz Sielmann Stiftung hat im Grenzgebiet zwischen Thüringen und Niedersachen Flächen für den Naturschutz gesichert.
2022 fand dort ein erstes Monitoring statt. Insgesamt wurden 220 Pflanzenarten gefunden. Nach knapp 35 Jahren Sukzession konnten immer noch einige Arten nachgewiesen werden, die sich auf Halbtrockenrasen wohlfühlen. Dazu zählen Zittergras (Briza media), Kreuzblümchen (Polygala vulgaris) und Fuchs' Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii). Auch 59 Moosarten wurden nachgewiesen, unter anderem das Zarte Thujamoos (Thuidium delicatulum) und der Echte Wolfsfuß (Anomodon viticulosus).
Wichtige Unterstützung durch Ehrenamtliche
Das Flüthewehr an der Leine bei Göttingen ist eine Projektfläche der Heinz Sielmann Stiftung. Der ehemalige Intensivacker soll in eine naturnahe, von Zwergzebus beweidete Fläche überführt werden. Im Berichtsjahr wurde mit einer ersten Vegetationserhebung begonnen. Dabei wurden 130 Pflanzenarten festgestellt.
Das Monitoring soll jährlich wiederholt werden, um die Veränderung der Fläche zu dokumentieren. Auch naturinteressierte Ehrenamtliche werden bei der Artenerfassung helfen und unter anderem Brutvögel, Libellenarten und Amphibien kartieren. Ein Auftakttreffen mit allen Beteiligten hat im Berichtsjahr bereits stattgefunden.
Bestandszahlen des Rebhuhns (Perdix perdix) sind aufgrund der hohen Lebensraumansprüche dieser Art ein wichtiger Indikator für die biologische Vielfalt in einer Landschaft.
Kontakt
Dr. Jörg Müller
Ökologisches Monitoring
Tel. +49 (0)5527 914-422 Mobil: +49 (0)151 61556122 joerg.mueller@sielmann-stiftung.de
Dyrotzer Ring 4 14641 Wustermark / OT Elstal
DIE 17 GLOBALEN ZIELE FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
In zahlreichen Projekten übernimmt die Heinz Sielmann Stiftung globale Verantwortung und setzt lokale Maßnahmen um, die dazu beitragen, unsere Welt nachhaltig zu gestalten.